Das Brennen innen drin.

Es ist jetzt schön sechzehn Jahre her, du wärst jetzt siebzehn und zu deinem fünfzehnten Todestag hat mich der Schmerz, den dein ungeplanter Abschied in mir erzeugt hat, übrigens wieder eingeholt. Weil ich eben nie darüber hinwegkommen werde, da mache ich mir keine Illusionen mehr; ich kann nur manchmal ein bisschen besser davor davonlaufen. Kann mich verstecken, während der Schmerz und die Erinnerung Ausschau halten nach mir und sich fragen, wo ich mich wohl diesmal verkrochen hätte. Ich dachte immer, der Schmerz erwischt einen ganz hart, wenn es einem sowieso schon richtig schlecht geht, aber als er letztes Jahr unerwartet vor der Tür stand, einfach so angeläutet hat, da war ich glücklich. Da war ich zum ersten Mal seit Ewigkeiten einfach nur glücklich. Fast war es so, als würd ich ihm aufmachen, er mir eine Ohrfeige geben, und ich würde trotzdem weiter grinsen. Weil ich eben auch glücklich sein darf. Weil da eben dieser Schmerz ist, er immer in mir drinnen sein wird, er da einfach nicht mehr weggehen wird. Aber da ist eben, noch nicht so lange, aber immerhin, ja, da ist eben nun auch Glück.

Als der Schmerz wieder da war, da hat es gekribbelt. Die Erinnerung war so, als würde sie mir von innen Bilder in den Schädel kratzen. Es hat gebrannt, es hat gebrannt, es hat so gleichmäßig, so großflächig, es hat einfach nur gebrannt in mir. Da haben selbst die 20 Kerzen nicht geholfen, die ich all den Unbekannten am Friedhof der Namenlosen angezündet habe, weil ich wohl zu feig war, um es an deinem Grab zu tun. Die ganze Last war da auf meinen Schultern, und während ich Kerze um Kerze angezündet habe, langsam herumging und mich fragte, ob ich jemals genug Kerzen für diesen Ort mitnehmen werde können, hat es auch gebrannt in mir. Und zugleich war ich glücklich.

Ich bin jetzt übrigens wieder näher am Wasser gebaut. Die Jahre zuvor hatte ich nur einen halbwegs großen Knödel im Hals, wenn Campino „Nur zu Besuch“ gesungen hat, aber heute hat mich das Lied nach Ewigkeiten wieder zu Tränen gerührt. Vielleicht auch, weil in diesem Jahr neuer Schmerz dazukam. Schmerz in mir, Schmerz, den ich mitzutragen versuche, irgendwas brennt immer. Aber da ist eben auch dieses Glück. Ich wünschte, du könntest es sehen. Ich wünschte, wir könnten uns sehen. Wir hätten glücklich sein können, das stell’ ich mir manchmal noch vor; aber ich habe kein schlechtes Gewissen mehr, wenn ich, selbst auf einer Welt ohne dich, irgendwie ja doch wieder glücklich sein kann.

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