Benedict Wells nimmt uns an der Hand und zeigt, wie Robert Beck scheitert. In der Liebe, im Beruf, in der Musik und in der Freundschaft.
Er wollte eigentlich nie Lehrer werden. Er lebte für die Musik und bis man ihn aus seiner eigenen Band rausgeworfen hat, hatte er auch stets an den großen Durchbruch geglaubt. Dann hat sein Vater, selbst Lehrer, ihn zum Studium gedrängt und jetzt unterrichtet er schon seit Jahren an diesem Gymnasium. Deutsch und Musik. Musiklehrer sind meistens diese Träumer, die irgendwann erkannt haben, dass die Möglichkeit eines Durchbruchs schon lange vorbei sei. Auch Beck denkt so. Bis er auf Rauli Kantas, ein aus Litauen stammendes musikalisches Naturtalent stößt: Sein Schüler wird zu seinem Projekt. Er schreibt Songs für ihn, er geht mit ihm ins Kino, er macht nicht nur Musik mit ihm, sondern holt ihn auch aus der mittelmäßigen Armut heraus. Und dann ist da auch noch Lara, die Kellnerin vom Café, die ihm dabei zusieht, wie er für Rauli Songs schreibt und die ganz offensichtlich mit ihm flirtet. Und Charlie, Ex-Bandkollege, muskulös und schwarz, Hypochonder und Becks offenbar einziger und bester Freund. Alles könnte gut werden, alles werde gut, da ist sich Beck sicher, bis er sich sicher ist, dass es nicht so sein wird. Und dann auch noch der Roadtrip von Deutschland nach Istanbul, nur um Charlies schwerkranke Mutter noch einmal zu sehen.
Benedict Wells
geboren 1984 in München
Weitere Werke:
- Spinner (2009)
- Fast Genial (2011)
- Vom Ende der Einsamkeit (2016)
Auf 450 Seiten skizziert Benedict Wells das Leben eines wunderbaren Verlierers. Robert Beck geht es nicht schlecht, er hat eine Wohnung, hat ausreichend Geld von seinem Vater geerbt, er hat eine Arbeit, er hat Freunde (oder zumindest: einen Freund). Aber er fühlt sich irgendwie leer an. Nichts geht mehr, er ist gefangen in einem Sog aus „Alles ist scheiße“ und „Nichts wird besser“. Und mit jedem ausgestoßenen „Jessas!“ wird er sympathischer und man ist gespannt, was nun alles passieren wird. Denn gut kann eine solche Geschichte selten ausgehen – viel zu sehr labt man sich am Leiden des Herrn Beck.
Wells – (die Buchkritik zu „Fast Genial“ war übrigens die allererste hier) – schafft es wieder einmal, den Leser neugierig zu machen. Robert Beck ist so wunderbar skizziert, man fühlt mit ihm, man spürt Anspannung und man erkennt auch den einen oder anderen Charakterzug in sich selbst. In richtig philosophischen Anflügen (meist während Beck’schem Drogenkonsum) macht sich der Autor auch richtig großartige Gedanken über das Leben, die Liebe, den Tod. Ein wahrhaft großartiges Werk (und ein Wahnsinn, dass es sich dabei um Wells Debütbuch handelte)!
Obwohl das Leben wie eine fette, hässliche Frau mit Glubschaugen oder wie ein kleiner, dicker behharter Mann aussieht, lieben es die Menschen. Das Leben ist wie Danny de Vito, wenn du so willst.
Eine unterhaltsame, lustige, spannende Geschichte über Sex, Drugs und Rock’n’Roll, ohne dabei aber zu verheerlichend zu sein: Was, wenn man Musiker sein will, man großartige Texte schreibt, aber diese eine, diese umwerfende, diese überragende Melodie nicht und nicht zusammenkriegt? Beck scheitert genau daran, und vielleicht ist das auch die Beschreibung für sein ganzes Leben. Ein großartiges Buch, wunderbar geschrieben, deshalb: Sehr empfehlenswert.
Benedict Wells
Becks letzter Sommer
Diogenes Verlag
Preis: 11,30 Euro (Info zu Partnerlinks)
451 Seiten
ISBN: 978-3-257-24022-1
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