Der alte König in seinem Exil • Arno Geiger

Eine Geschichte, die berührt: Über das Vergessen, die Familie, über die Krankheit und den Tod. So ehrlich und bekannt, dass es manchmal wehtut.

Etwa einhundertausend Menschen in Österreich tragen diese Krankheit mit sich herum: Demenz ist allgegenwärtig, man hört davon, erlebt es manchmal in der eigenen Familie. So wie Arno Geiger, der in Der alte König in seinem Exil eine Geschichte über die Demenzkrankheit seines Vaters geschrieben hat. Über die Tatsache, dass die Familie die Erkrankung lange Zeit nicht erkannt, und einige Zeit wohl auch nicht wahrhaben wollte. Über die entstehende Entfernung vom Vater, und die späte, wichtige Annäherung. Geiger findet die richtigen Worte für den Zustand seines Vater und seiner Familie, dem Leben insgesamt, wo bei anderen Menschen oftmals meist zurecht die Rat- und Sprachlosigkeit überwiegt.

ArnoGeigerArno Geiger
geboren 1968 in Bregenz, aktuell wohnhaft in Wien

Einige bisherige Werke:

  • Es geht uns gut (2005)
  • Alles über Sally (2010)

August Geiger ist einer unter (noch) Tausenden: ein Kind des Krieges, ein Kind der Gefangenschaft, ein Kind der Heimkehr. Er musste vieles miterleben, hat vieles entbehrt und erlebt nun seinen Lebensabend in Vorarlberg. Sein Sohn Arno skizziert am Beginn jedes Kapitels einige spannende Gesprächsfetzen, die aufzeigen, mit welch klugem Blick er die Welt oft beobachtet und verstanden hatte. Und in den Kapiteln selbst spürt man den Verfall, das entschwindende Wissen, die aufziehenden Parallelwelten. Immer wieder erkennt der Autor Handlungen und Worte seinen Vaters in der Weltliteratur wieder, immer öfter erkennt er auch jene Eigenheiten an, die ihn so viele Jahre zuvor gestört hatten.

Arno Geiger erzählt eine Geschichte über Liebe. Über die Liebe zum Vater, die nicht immer leicht ist. Eine Liebe, die aus der Entfremdung heraus wieder entstehen konnte und wollte. Es berührt, wenn er davon schreibt, dass ein Vater stets „nach Hause“ gehen wollte, obwohl er doch in seinem eigenen Wohnzimmer stand – und er irgendwann erkennt, dass diese Suche der Heimat, des Ankommens ein ewiges Suchen sei, schon vor der Demenzkrankheit. Der Autor hat mit dem Buch kein Mitleid erregendes Werk geschaffen, sondern zeigt auf, wie sehr auch ein vergessendes Leben noch lebenswert ist.

In solchen Augenblicken war es, als trete er aus dem Haus der Krankheit heraus und genieße die frische Luft. Momentweise war er wieder ganz bei sich. Wir verlebten glückliche Stunden, deren Besonderheit darin bestand, dass sie der Krankheit abgetrotzt hat.

Mein vor elf Jahren verstorbener Großvater trug diese Krankheit auch in sich. Vielleicht auch deshalb berührt diese Geschichte umso mehr: oft erkenne ich ihn darn wieder, verspüre, dass die Ratlosigkeit auch bei meiner Familie vorhanden war. Arno Geiger hat sein Innerstes offenbart, hat eine Tür zu seiner Familie geöffnet, über die oft nur wenig gesprochen wird. Ein besonnenes, einfaches Buch voller erdrückender Strahlkraft.

DeralteKöniginseinemExil

Arno Geiger

Der alte König in seinem Exil

dtv

Preis: 10,20 Euro (ebook: 9,99 Euro)(Info zu Partnerlinks)
189 Seiten
ISBN: 978-3-423-14154-3

 

2 thoughts on “Der alte König in seinem Exil • Arno Geiger

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