Schöne Freunde • Arno Geiger

Manche Coming-of-Age-Romane sind viel zu erwachsen. 

Carlo Kovacs versucht sie zu verstehen, die Erwachsenen. Lernt ihre Sprache, lernt ihr Getue, will endlich erwachsen werden und will endlich auch lieben. Der Junge (dessen Alter recht unbekannt ist und welcher offenbar Waise ist) steht tagei, tagaus am großen Eingangstor des Bergwerks in einem kleinen Dorf. Doch genau dieses Bergwerk bringt das große Unglück herbei, bei welchem 43 Menschen sterben und das ganze Dorf auszieht um einen Neuanfang zu schaffen. Und irgendwann erkennt Carlo, dass seine Freunde und Vorbilder mit ihrer Rolle der Erwachsenen oftmals überfordert sind. Seine großen Idole scheitern am Leben, an der Veränderung, am Schmerz und am Leid. Und mit ihrer Hoffnung stirbt auch Carlos naive Zuversicht immer weiter.

ArnoGeigerArno Geiger
geboren 1968 in Bregenz, aktuell wohnhaft in Wien

Einige bisherige Werke:

Nachdem ich von „Der alte König in seinem Exil“ voll und ganz begeistert war, wollte ich mich an einen weiteren Geiger wagen – und wurde enttäuscht. Sprachlich natürlich wieder ein sehr gelungenes Werk hat es mich inhaltlich eher verwirrt als berührt: Da Arno Geiger nie den Ort erzählt, in dem die Geschichte anfangs spielt, oder die Zeit, bleibt ihm Kopf ein wirres Konstrukt übrig. Auch Carlo ist lange Zeit noch namenlos, ebenso wird einem der Grund verschwiegen, warum das ganze Dorf nun auf ein Schiff müsse um irgendwo anders neu anzufangen. Und dann wechselt (teils sogar ohne Vorwarnung) die Erzählerperspektive und bringt somit einen der unzähligen Nebendarsteller (auch das ist verwirrend) kurzzeitig in den Vordergrund. Das strengt beim Lesen sehr stark an und lenkt leider viel zu sehr von der Geschichte ab. Und vor allem wirkte Carlo (wie alt war er nun?) nicht wie ein Kind, auch nicht wie ein Jugendlicher. Denn auch wenn er die Worte, die Sprache, die Gesten der Erwachsenen immitiert – so gut kann all das nicht gelingen.

Eine Fliege lief über seine linke Wange. Die Fliege wechselte die Wange, löste sich, als der Direktor mit der Hand nach ihr schlug, und verschwand im Licht der Neonröhren über dem Buffet. Ich hörte das unregelmäßige Sirren der Fliege, bis sie sich neuerlich auf dem Gesicht des Direktors niederließ, diesmal in der Rinne zwischen Nase und Oberlippe, wo schimmernd Schweiß stand.

Eine schöne Sprache, eine verwirrende Geschichte. Nachdem das Lesen irgendwann gar keinen Spaß machte, kann ich sagen: Mich hat  Schöne Freunde leider gar nicht angesprochen.

Arno Geiger

Schöne Freunde

dtv

Preis: 8,90 Euro (Taschenbuch) (Info zu Partnerlinks)

164 Seiten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert