Manchmal habe ich das Gefühl, ich müsse vor mir selbst davon laufen. Und dann ärgere ich mich, dass mir sogar dazu die notwendige Überwindung fehlt und ich es nicht einmal versuche. Es gibt viele Gründe, warum mir etwas Abstand von mir selbst gut tun würde, und seien es nur für die paar Sekunden, bis ich mich ja doch wieder einhole, aber immerhin; und dann sitze ich daheim und denke darüber nach, wie das wäre, im November schreibe ich hin und wieder einen Text, vielleicht auch einen kurzen genau darüber, aber vor mir selbst davon laufen, gelingt mir halt trotzdem nicht, vermutlich aufgrund des fehlenden Versuchs.
Aber es stimmt schon. Vor fünf Jahren bin ich das erste Mal fünf Kilometer am Stück gelaufen und seitdem gefühlt sicher so 300 oder 400 Mal. Meistens auch noch deutlich länger. Es hat mir geholfen, einen Teil von mir zurückzulassen, der mir nicht mehr nachkommen konnte und dem ich auch voll und ganz entkommen wollte. Dieser kaputte Mensch, der die Kontrolle verloren hat, der so vieles verloren hat, z.B. Achtung oder Selbstwert oder auch nur irgendein Gefühl. Das Laufen hat mir so viees wiedergegeben, mir so viel Neues in mir gezeigt und mich über Jahre hinweg meine Grenzen überschreiten lassen. Manchmal auch mehr, als gut für mich war, aber dann hatte ich wenigstens wieder etwas Munition für Ausreden, um Pausen zu machen und die Laufschuhe nicht schon wieder anzuziehen.
Gemeinsam mit dem Versuch zu schreiben habe ich mir im November vorgenommen, mich wieder voll und ganz in den Sport zu stürzen. Jetzt liege mit verschwitzten Haaren auf der Couch, schreibe diesen Text und frage mich, ob ich auf diesen fünf Kilometern von heute vor mir selbst davon oder irgendwie endlich wieder auf mich zugelaufen bin. Weil mir das Laufen, auch oder gerade bei diesen kalten Temperaturen wieder genau das gibt, was ich jetzt schon einige Zeit nicht mehr gespürt habe. Dieses Gefühl, irgendetwas richtig gut zu können und damit mich und alle anderen irgendwie überraschen zu können.