Die Wohnung ist leer, als er aus dem Bett kriecht, in die Küche watet, und sich einen Kaffee in die bunte Tasse leert. Er schmunzelt über dasselbe Wort, dass innerhalb eines Gedankengangs eine komplett andere Bedeutung einnimmt. Also er schon fast den Tisch erreicht hat und schon erwartungsvoll am Kaffee nippt, macht er sogleich wieder kehrt, auf der Suche nach einem Schluck Milch, der all das erträglicher macht. Ein Schluck Kaffee.
Innerhalb von Sekunden ist das Notebook aus dem Schlafmodus erwacht, wahrscheinlich fünf Mal so schnell wie er selbst. Die Mails poppen auf, die Mentions prasseln herein und Spotify zeigt ihm bereits wieder die „Entdeckungen“ des Tages. Der Tag beginnt. Wieder einmal meldet er sich zuallererst von jenen Newslettern und sozialen Netzwerken ab, die ihm heut Nacht erzählen, wie toll sie nicht sind, und dass er nach vier Jahren doch endlich wieder einmal vorbeischauen sollte. Und dann sind da auch noch ernsthafte Nachrichten, worauf er vielleicht sogar antworten muss. Aber nicht jetzt. Ein Schluck Kaffee.
Eine Fotoplattform, er blättert die verschiedenen Schlagwörter durch, sucht Inspiration. Hört dazu Musik zum Munterwerden, und findet es. Ein stimmungsvolles Bild, dass seine Gedanken nur so sprudeln lässt. „Neuen Beitrag erstellen“. Er beginnt zu schreiben, schreibt einfach drauf los, schließt zwischendrin auch mal die Augen, während seine Finger weiter über die Tastatur gleiten, und irgendwann spürt er es. Spürt, wohin sich die Geschichte entwickeln wird, was herauskommen wird, was die Moral sein wird, von der Geschichte, von seinen Gedanken. Und er öffnet die Augen wieder, schreibt den letzten Satz und lächelt. Liest sich den Text noch einmal durch und befindet ihn für gut. „Veröffentlichen“. Teilen. Warten. Ein Schluck Kaffee.
Das aufgeschlagene Notizbuch, eines von dieser ganz teuren Sorte, zeigt ihm die weiteren ToDos an. Die Sonne lächelt ihm über den Schreibtisch entgegen. Die Wohnung ist leer, der Kaffee, er schmeckt und nach und nach kreuzt er eine Sache nach der anderen ab. Hier ein bisschen recherchieren, da ein bisschen tiefer nachbohren, schreiben, überlegen. Der Kopf rattert und wird es auch noch, wenn die Wohnung nicht mehr leer sein wird und alle vom Tag erzählen und er ja wieder nur vorm Computer saß und. Ein Schluck Kaffee.
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