Manchmal befrage ich mein Gewissen ganz explizit. Dann stelle ich ihm eine Frage und warte auf ein Zeichen. Was ja eigentlich sinnlos ist, weil: Mein Gewissen ist nicht Gott und nicht jede 50 Cent, die ich am Boden sind, sind ein Zeichen. Und wenn, dann nicht unbedingt ein gutes. Aber ich mache es, damit ich der Welt ganz eindeutig zeigen kann, dass ich kein hirnloser Wild-vor-mich-hin-Entscheider bin. Sondern alles abwäge. Was ja in Wahrheit auch nicht stimmt. Ich stelle mir nur schweigend eine Frage, auf die ich längst eine Antwort habe, mir aber selber noch etwas Zeit genehmige, um meine Bauchentscheidung eventuell mit ein paar guten Gründen erklären zu können.
Die meiste Zeit ist mein Gewissen aber sowieso doof. Und meldet sich bei mir, wenn ich es am wenigsten benötigen würde. Wenn der etwas verwirrte Typ an der Kasse der Mensa ganz eindeutig den Salat übersieht und mein Gewissen mich dazu zwingt, ihn darauf hinzuweisen, während mein Bauch im Nachhinein erklärt, dass ich mir ja um diese ersparten 1,50 Euro doch einen wunderbaren Automatenkaffee hätte leisten können. Mein Gewissen ist etwas vorschnell und das nervt manchmal. Also eigentlich die meiste Zeit. Und es studiert in den Momenten, wo ich es nicht brauche, also in meinen Träumen oder auf der Toilette, offenbar jegliche Literatur zum Thema Moral und Ethik. Das muss man sich erstmal vorstellen: Da hat man schon mal einen täglichen Begleiter und dann ist das einer von dieser ganz luschigen Art.
In letzter Zeit habe ich immer öfter versucht, meinem Gewissen kein Gehör mehr zu schenken. Recht schwierig, etwas zu ignorieren, dass direkt in meinem Kopf sitzt. Aber es funktioniert. Und schon habe ich Dinge erlebt, die vorher nicht möglich gewesen wären. Nichts wirklich Verbotenes, nur ganz viel Aufregendes. Als ich das dann ein paar Menschen erzählt habe, haben schließlich sie mir etwas von Moral erzählt und wollten mir ein schlechtes Gewissen einreden. Oder waren einfach überrascht, dass ich so sein kann, wie ich damals war. Das hat mitunter noch mehr genervt als all die warnenden Worte von meinem Gewissen.
Mit dem hab ich mich übrigens wieder ausgesöhnt. Es meinte es doch in Wahrheit die ganze Zeit nur gut. Und war feig. Aber als ich ihm von euch erzählt habe, meinte es nur, ihr seid blöd. Aber das Positive daran ist wohl, dass ich blöde Menschen, sehr, sehr gern habe. (Auch wenn mir mein Gewissen davon – natürlich – abrät.)
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Mich würden ja die paar aufregend erlebten Geschichten interessieren 🙂
Die kommen vielleicht irgendwann auch mal online. 😉