Wie ein Mann über Umwege bis nach Mexiko plötzlich irgendwie doch zur Liebe zu finden scheint.
Harald Widmer junior ist ein unguter Zeitgenosse. Seinen Senior will er längst aus jener Firma hinausdrängen, die sein Vater aufgebaut hat, nur weil er sich nichts mehr sagen lassen möchte. Und mit den Damen, die seinen Fahrradladen betreten, mit denen macht er gerne mal einen Radausflug zu zweit, wenn Sie verstehen, was ich meine. Nur auf eines hat er all die Jahre verzichtet: aufs Zurückzahlen von Krediten, aufs Zahlen von Steuern, und offenbar auch einmal auf Verhütung. Da bleibt ihm nur der Ausweg nach Mexiko. Am anderen Ende der Welt hat er schließlich die Möglichkeit zu einem Neubeginn. Aber will er das denn wirklich?
Alex Capus
geboren 1961 in Mortagne-au-Perche, Frankreich, lebt in der Schweiz
Weitere Werke:
- Diese verfluchte Schwerkraft.
- Mein Nachbar Urs
Capus schreibt wirklich schön, aber ich hatte von Anfang an ein großes Problem mit dem Buch. Denn Harald Widmer junior ist ein durch und durch unsympathischer, egoistischer Zeitgenosse (solche Menschen nennt man umgangssprachlich oftmals auch einfach nur „Arschloch“) – dem das Glück über kurz oder lang schließlich doch irgendwie immer hold zu sein scheint. Und das vergönnt man ihm nicht wirklich. Aber natürlich möchte man die Entwicklung weiter beobachten, vom Lebemann bis hin zum eventuellen Liebemann. Und dafür kann man Capus eigentlich recht gratulieren. Denn die Liebe, so wirklich, die kommt nur am Rande vor, obwohl sie das ganze Buch eindeckt.
Kurz vor zehn Uhr abends, nachdem Nancy in die Piano-Bar aufgebrochen war, stopfte sich Harry die Tageseinnahmen in die Brusttasche und fuhr mit der Bahn zum Flughafen. Dort bezog er am Automaten soviel Geld, wie seine Karten hergaben, und im Duty-free-Shop deckte er sich mit Zigaretten ein. Kurz nach Mitternacht hob er ab in Richtung Mexico City.
Dafür, dass Widmer junior ein geschäftstüchtiges Arschloch ist, wie er im Buche (haha!) steht, ist Capus Buch sehr interessant und mitunter auch fesselnd geschrieben. Ob es nun Liebe war oder nicht, das erfährt man schließlich nicht wirklich. Denn vielleicht, ja … vielleicht wollte er einfach wieder einmal sesshaft werden. Das lässt der Autor zumindest ein kleines bisschen offen – aber als Leser, der sich so überhaupt nicht mit Widmer junior identifizieren konnte, war ich schließlich sehr zufrieden mit dem Ende der Geschichte.
Alex Capus
Glaubst du, daß es Liebe war?
dtv
Preis: 8,90 Euro (Taschenbuch) (Info zu Partnerlinks)
142 Seiten
Bildquelle: „Alex Capus“ von Udoweier – Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons.