Ich hole sie vor den Vorhang: Wer sind diese Worthelden, die mich mit ihren literarischen Texten auf ihren Blogs verzaubern? Diesmal hat Looka mein 10 Wortheld-Fragen beantwortet.
Wer bist du und wenn ja, warum?
Ich bin ein Mensch. Zumindest hat sich diese These als einzige über mehrere Jahre halten können. Derzeit lebe ich in einem schicken Vorort mit meiner Frau und meiner Tochter. Ich habe in einer Bundeshauptstadt etwas mit Schreiben studiert und internationale Unternehmen und Organisationen beraten. Von dieser stressigen Tätigkeit zurückgezogen,
arbeite ich aus meinem Büro mit Blick auf den Garten, den Fischteich und die Windräder. An der Wand Aliens. Das stimmt alles, aber ist dennoch weit weg von dem, was ich bin. Ich studiere wieder. Versuche ein Studium dieses Mal abzuschließen. Weder Haus noch Garten gehören mir. Ich bin täglich am verzweifeln, immer öfter zornerfüllt und oft zu nichts zu gebrauchen. Ich schlucke täglich Tabletten und habe schon mehrmals probiert Hilfe zu finden. Ich klammere mich an den Gedanken, dass alle Menschen Schwierigkeiten haben und wir eigentlich zu unterschiedlich sind um zusammenzuleben. Alleine geht es aber auch nicht. Also gehen schon, aber es würde zumindest mich nicht glücklicher machen.
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Ich bin in den Bergen aufgewachsen. In den Alpen. Ich habe es geliebt mich Pisten hinunterzustürzen. Jede Sekunde, jedes Erlebnis verändert. Alles, was ich konsumiere, alles was ich mache, alles was ich denke, hat eine Auswirkung. Richtung ist flexibel, aber bestimmt von allen vorherigen. Selbst nichts zu tun verändert. Oft sogar stärker als ständiges Tun. Manchmal versuche ich Menschen abzuschütteln, um irgendwo im dritten Viertel Dinge unterzujubeln, die ich mich sonst nicht schreiben traue. Meine Eltern haben viel Wert darauf gelegt, dass ich selbständig bin und mich dabei sicher fühle.
Ich habe viel Gelassenheit und viele Sorgen. Kleine Dinge machen mich wahnsinnig. Etwa das Ticken der Uhr. Oder Licht beim Schlafen. Surrende Ladegeräte. Lüfter. Ich mag die Kälte. Auch dann noch, wenn sie mir weh tut. Ich mag Menschen, die ähnliche Wertevorstellungen haben, wie ich. Oft traue ich mich nicht zu sagen, was ich denke. Aber
ich gebe mir Mühe. Bilde ich mir ein. Ich habe kein Ziel. Ich habe Angst, dass ich die nächsten 16 Jahre keine Zeit mehr für mich habe. Dass mein Leben schon vorbei ist. Ich bin genügsam, aber gebe mich nicht damit zufrieden.
Ich glaube, dass Wiederholung wichtig ist und dass Bräuche auch Wiederholungen sein können. Alles in tausend Abstufungen zu sehen macht mich kaputt, alles schwarz-weiß zu sehen, macht die Gesellschaft kaputt. Da war es wieder dieses Wort. Gesellschaft. Finde ich witzig. Ich kann Deutsch, Englisch, Französisch und Latein. Wann schreibt man was groß? Und wie funktioniert das mit den Beistrichen. Viele meiner Sätze brechen frühzeitig. Das kann das Lesen unangenehm machen. Oder es fühlt sich besser an. Weiß ich nicht. In meiner letzten Arbeit wurde kritisiert, dass den einzelnen Kapiteln Überleitungen fehlen. Ich erwarte zu oft, dass alle alles wissen, was ich weiß. Davon kann ich auch ableiten,
dass ich nichts mehr zu sagen und nichts mehr zu schreiben habe.
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Anschließend wunder ich mich, warum mich niemand versteht. Wir denken doch das Gleiche. Ich bin sechsundzwanzig Jahre als und weiß, dass man Zahlen über zwölf nicht ausschreibt. Sechs Stunden pro Tag habe ich ein Display vor der Nase. Weiter fünf Stunden einen Monitor. Bleibt noch genug Zeit zum Essen, Schlafen und zum zum Bus laufen. Drei Tage pro Woche in der Uni. Vier Tage zuhause. Ich bekomme fürs Schreiben
Geld. Ich bekomme vom Geld Angst. Und die Angst macht mir schlaflose Nächte. Meine Tochter fordert viel Aufmerksamkeit ein und ich halte es für wichtig, ihr diese zu geben, schaffe es aber nicht immer. Oft grüble ich, ob ich einmal glücklich war und was das eigentlich bedeutet. Schreiben hilft mir, nicht durchzudrehen. Leider mache ich es in letzter Zeit zu selten. Ich mag es Dinge hinauszuschreien, die andere für viel zu privat halten. Die Schere in meinem Kopf ist über die Jahre zu einer riesigen Guillotine herangewachsen und ich schreibe nicht mehr über mich, weil es Rückschlüsse auf Personen in meinem Nahumfeld zulassen könnte.
Und wie viel davon steckt in deinen Texten?
Ich schreibe sie, also ist alles in ihnen das Destillat all meiner Erfahrungen, die Verdünnung einzelner Gedanken. Ich mag es, mich in andere hineinzuversetzen. Das Leben durch andere Augen sehen. Am Ende bin es aber immer ich, der vorgibt jemand zu sein, der er nicht ist und selbst wenn ich die erzählende Person etwas machen lasse, das ich selbst nie machen würde, bin ich es, der es sie machen lässt. Die meisten Texte behandeln Dinge, die mich beschäftigen. Ich lasse nicht mehr viel direkt einfließen, aber gerade im Blog ist vieles, das nahe ist.
Seit wann und warum schreibst du eigentlich?
Sechzehn oder so. Ich las einen Blog (Daily Me von Pia). Den fand ich gut. Dann begann ich auch erlebtes und Gedanken festzuhalten.
Was macht dich sprachlos?
Meine Wut.
Wo befindet sich dein kreativster Ort?
Auf dem Heimweg, wenn neue Eindrücke beginnen zu wirken. Das kann auch das zurückkehren in meine Welt nach dem Lesen eines Textes sein.
Wer oder was inspiriert dich?
Guter Text, Gefühle und Situationen.
Wie viele Entwürfe verstecken sich in deinem Blog?
41 im langweiligen Blog. Zehn Stück bei den Texten. Der älteste von 2008. Titel: „Zerstörer von Glück und Hoffnung“. Ich habe darin begonnen mich mit einer bestimmten Einstellung auseinanderzusetzen, die wenig Rücksicht auf andere Menschen nimmt. Ebenfalls von 2008 stammt „Vater für einen Tag“. Irgendwas mit Verhütung. 2009 hat „Zoom“, der von dem Gefühl handelt, sich selbst zu beobachten. Ähnlich wie in Videospielen gedanklich hinauszoomen. Aus dem gleichen Jahr wartet „Textadvent #8“. Da ein gleichnamiger Text veröffentlicht wurde, vermute ich, dass es sich lediglich um einen Speicherungsfehler meinerseits. Vielleicht lösche ich den irgendwann mal raus. 2010 gibt es drei Entwürfe. „Europaland“, „Träume träumt man“ und „Beziehung“. Erinnerungen von meiner schönsten Reise, die Wichtigkeit von unerreichbaren Träumen und der Versuch etwas einzufangen, das sich nicht fangen lässt. „Was zum teilen“ besteht erst aus einem einzigen Satz: „Nicht das außergewöhnliche, sondern das alltägliche verbindet. Nur dann sind die besonderen Momente erkennbar.“. Ebenfalls aus 2011 ist „Textadvent #16“ über geblieben. Der Versuch das Projekt von vor zwei Jahren zuvor
fortzusetzen, was auch gescheitert ist. Vielleicht führe ich es heuer fort. 2012 ist der letzte Entwurf liegen geblieben. „Mischworte“, die Auseinandersetzung mit den Begriffen, welche ich meist als Titel für meine Texte nutze. Etwa Glückserlegung, Wutbruch, Wunschtun, Ichung, Auflucht, Texterlegung oder Leidensglück.
Bist du kreativer, wenn du glücklich oder wenn du traurig bist?
Ja.
Was ist dein ganz persönlicher, selbst geschriebener Herzenstext?
Ichung – Weil er nichts besonders ist, alltägliches und
einzigartiges verbindet und es um das Ziel fast aller meiner Texte
geht. Zu mir selbst.
Welche drei literarischen Blogger möchtest du empfehlen?
Glumm, 500Beine und Andreas. Die drei haben gemeinsam mit mir Geburtstag. Die Texte
haben Athmo, geile Charaktere und Sprache.
Ich liebe die Beiträge des Texaners. Die Kürze und alles.
Sophie Mandelbaum berührte mich.
Unfassbar, was dein Wortheld Looka erzählt, vieles könnte von mir stammen! Besonders der dritte Absatz, wie in meinem Leben. Nur, dass Looka halb so alt ist wie ich.
Danke für diese Texthelden-Vorstellung in deinem Blog!
Das ist doch mal eine schöne Variante dieser Stöckchen- und Award-Sache.
Danke, dass du Looka die Bühne überlassen hast.