Mein Leben läuft an mir vorbei wie ein Dia-Abend. Bild für Bild sehe ich die prägenden Momente, die ich erlebe. Studium, Beziehung, neuer Job, Umzug, Freunde, Familie, Feste.
Das Hüttenwochenende mit Freunden, der schöne Abend beim Italiener mit meiner großen Liebe, das rauschende Volksfest mit der Familie. Kein Bild schaffe ich, festzuhalten. Ich habe Angst davor, mich an diese Bilder zu klammern. Um sie in schlechten Zeiten aus dem Gedächtnis zu kramen und mich daran selbst zu zerstören. Das Glück zu zerstören, das ich einst hatte und die schlechte Zeit noch schlimmer zu machen, als sie sicher eh schon wäre.
Deswegen schiebe ich sie immer weiter. Ein Bild nach dem anderen – wie ein nie endender Dia-Abend rauschen sie an mir vorbei, Bild für Bild.
Ganz selten schaffe ich es, ein Bild festzuhalten. Es zeigt die schlechten Momente in meinem Leben. Falsche Entscheidungen, die schlec hte Folgen hatten: Zerbrochene Freundschaften, versaute Zukunftspläne, Frust mit dem Partner. Diese Bilder tauchen immer wieder vor meinem inneren Auge auf, als wäre das Bild zu oft entwickelt worden und in die falschen Dia-Kästen reingerutscht.
Sie verfolgen mich, Tag und Nacht. Sie lassen mich nie vergessen, welch schlechter Mensch ich sein kann. Sie bringen mich den Tränen nahe, wenn er „Ich liebe dich so sehr“ sagt, wenn ich die „beste Schwester der Welt“ und eine „coole Sau“ bin. Sie lassen mich nie vergessen, wie verletzlich ich bin, außen weich, innen noch weicher. Wie sensibel und emotional ich sein kann. Obwohl ich coole Sau mit Ironie und Sarkasmus um mich schlage und schwarzer Humor mein bester Freund ist.
Doch die schönen Bilder schaffen es kaum noch zurück in mein Gedächtnis. Denn an jedes der schönen heftet sich ein trauriges Bild, das ich nicht mehr sehen will.
Ich will an meinen glücklichen Momenten festhalten. Im Hier und Jetzt. Für Immer und Ewig. In der Gegenwart leben. Nicht in der Vergangenheit. Und mein neues Ich mit meinem Alten Ich zu überschatten. Und die Bilder dann zu einem Video zusammensetzen, dass ich wieder und wieder mit meiner Familie, meinem Mann, meinen Kindern und Enkeln anschauen kann. Wieder und wieder die glücklichen Momente meines Lebens genießen. Wie ein nie endender Video-Abend.
@gluecksbeerchen
Redet, wie ihr der Schnabel gewachsen ist – ein echter Schwabe eben. Aus Bayern aber, da besteht sie drauf. Lässt sich hin und wieder mal dazu hinreißen, ihren literarischen Gedanken freien Lauf zu lassen.
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